Die individualsymbolische Wahrnehmungstendenz


Die Individualsymbolik ist so etwas wie das Zentrum der Wahrnehmung von Wirklichkeit. Sie ist der Versuch, die vielfältigen Außeneinwirkungen, die ungeheure Menge von cut-outs auf dem Hintergrund des immer noch Ungeordneten, des immer noch Unbegriffenen so zu organisieren, dass dabei ein für die Abbildung der erlebbaren Wirklichkeit(en) im Bewusstsein einer Person ein Bild zustande kommt, mit dem man "leben kann". Inwieweit die anderen Wahrnehmungstendenzen die Individualsymbolik überlagern, ist letztlich unmaßgebend, da in jedem Fall die Komplexität der eigenen Wahrnehmungsintention erlebt wird als das, woran man glaubt, und was man für unumstößlich richtig hält. Auch beim Fehlen einer authentischen Individualsymbolik, z.B.  wenn ein Mensch einer Doktrin völlig hörig ist, wie bei der restlosen Identifizierung mit einer fremden Sprachsymbolik (Sekte), ist das, was der Mensch erlebt gewissermaßen dennoch seine Individualsymbolik, da es das ist, was der Mensch mit seinem ZNS und damit seinem Bewusstsein als das erlebt, was "sein Eigenes" ist, und "wofür er gerade steht".

Individualsymbolik ist über die lebenslangen Lernprozesse (wenn sie denn stattfinden) ständig im Fluss, und nicht "zementiert". Der Mensch ist grundsätzlich "lernfähig", wenn er nicht mit physischer und psychischer Gewalt daran gehindert wird. Und auch dann noch: er muss lernen, seine Lernfähigkeit aufzugeben.... . Der Mensch kann die eigene Lernfähigkeit dann verlernen, wenn das Beharren auf einer Position bestimmte Vorteile mit sich bringt. Dabei geht es sicherlich um Macht, um Privilegien (versorgt werden z.B.), damit auch um ökonomische Vorteile usw. Aber auch das Gegenteil ist denkbar: wenn die Anpassung an das Gedankengut des Mächtigen das nackte Überleben retten kann, wird man dieses so verinnerlichen, dass die eigene Position dabei verloren geht (das psychologische Phänomen der Identifizierung mit dem Peiniger, z.B. bei Geiselnahme). 

Der Mensch lernt grundsätzlich aus eigener Erfahrung und auf Grund von angeeigneter Fremderfahrung (im Sinne des Gewährsmannprinzips). So bildet sich die Individualsymbolik aus einem Anteil der indexalischen und einem Anteil der sprachsymbolischen Wahrnehmung. Die Tiefensymbolik spielt dabei auch eine wesentliche Rolle, sozusagen als sedimentiertes Urgestein aus frühen Zeiten. (Die Anpassung an die Familienideologie in allen ihren Auswüchsen führt in der Tiefensymbolik ja zu etwas wie dem "eigenes Glaubensbekenntnis", und hat auch Strukturen, die von der kindlichen Ohnmacht und der Einpassung um des Überlebens willen geprägt sein können.) 

Alles kulturelle Lernen und damit auch alles, was als neue Ideenwelten in die Denkfähigkeit des Menschen gelangt, ist nur über Individualsymbolik möglich. Erst einmal muss ein Mensch sich etwas ausdenken, ausgedacht haben, damit es dann auch in die O'''- und in somit in die eigene oder fremde O'-Wirklichkeit gelangen kann. Natürlich können sich Menschen auch Schwachsinn ausdenken. Häufig ist Schwachsinn von dem her bestimmt, was als t-sy-Konzept längst als "Glaube" in einem selbst vorhanden ist.

Andere Menschen, und insbesondere diejenigen, die dank ihrer "Befugnisse" darüber entscheiden können, welche Denkweisen der Weltgeschichte weiterhelfen, bzw. welche als Blödsinn abgetan werden müssen (ich möchte diese "Experten" am liebsten allesamt 'Kuratoren' nennen, da sie sich ja dafür befugt halten, für das "Heil" der gesellschaftlichen Entwicklung sorgen zu müssen...), bestimmen über das Weiterleben von Gedanken und Ideen. Die endlosen Manuskripte, die nie die Gnade eines Lektors gefunden haben, die Quadratkilometer von Leinwänden, die nie eine Galerie gesehen haben, sind unsichtbare und wirkungslose Zeugen dieser angemaßten Macht, die letzten Endes dann auch darüber entscheidet, welche Themen in einer Gesellschaft gedacht werden und welche nicht. Dazu braucht es in unserer ausgeklügelten westlichen Gesellschaft gar keines Zensors mehr. 

Da jede gesellschaftliche Entwicklung (wenn sie nicht von natürlichen Ereignissen her bestimmt ist) nur über individualsymbolische Konzepte, Theorien, Vorstellungen, Utopien, usw. in das gesellschaftliche Feld der Sprachsymbolik gelangen kann, ist es sicherlich noch wichtig sich dazu einige Gedanken zu machen (ganz im Sinne der Individualsymbolik..) Neue Gedanken entstehen durch Phantasie. Was macht man wenn man "phantasiert"? Man ordnet die cut-outs in etwas ungewöhnlicher Weise, Man bildet damit Zusammenhänge, Ordnungen, die man so vorher noch nicht gedacht hat, man "collagiert". Phantasie ist Collagetechnik: man klebt die ausgeschnippelten Teile (eben die cut-outs) in einer Weise aneinander, dass dabei etwas Neues, Interessantes herauskommt. Die Quellen dieses Collagierens können die tiefensymbolischen Strukturen sein wie bei den Surrealisten, es können Zufallsprodukte sein wie bei Actionpainting, man kann die Dinge nach Gestaltmerkmalen, nach Vorlieben, nach konstruktiven Merkmalen ordnen, man kann auch de-komponieren, man kann zerstören und brüskieren usw. Man kann aber auch mit Logik oder mit "gesundem Menschenverstand" hinter die Dinge kommen, man kann forschen, untersuchen, aber immer muss man auch hier das Ergebnis darstellen, man macht "Modelle", man stellt Hypothesen auf usw. Also das ganze Gebäude unserer Erkenntnis beruht letzten Endes auf Phantasie...


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