Die tiefensymbolische Wahrnehmungstendenz


Als tiefensymbolische Wahrnehmungstendenz bezeichne ich den Tatbestand, dass der Mensch Impulse von außen und eigene Antworten (fast) immer in einem variablen Kontext[1] erlebt: Im sozio-parentalen Umfeld der (früh)kindlichen Entwicklung sind diese Erfahrungen (fast) immer eingebettet in den Kontext von Kommentierungen[2]  (welcher Art auch immer) der Eltern oder der jeweiligen Bezugspersonen[3].

Als "prägende" tiefensymbolische Primärerfahrung wird diese hochkomplexe Erfahrung dann als Gedächtnisspur festgehalten. Da die einzelnen Impuls und Antwortmodalitäten in dieser primären Erfahrungssituation noch nicht einander zugeordnet werden können, ist diese primäre Gedächtnisspur selbst vermutlich höchst komplex[4] und gleichzeitig undifferenziert. Die ganzheitliche Wahrnehmung und Erinnerung der sozio-parentalen-Kommentierungssituation ist möglicherweise notwendig für die soziale Organisationsform des Menschen, die selbst wieder höchst variabel ist.

Später werden dann über assoziative Felder des Gehirns schon bei wenigen, dafür aber um so dominanteren Außenimpulsen, die Gedächtnisinhalte der sozio-parentalen Kommentierungsphase reaktiviert. Diese werden der augenblicklichen Gesamterfahrung übergeordnet und werden als Stimmungen, Empfindungen, Gefühle aktiviert und dienen so möglicherweise zur Aufrechterhaltung des "programmierten" sozialen Kontextes.

Diese Wahrnehmungstendenz wird zur t-sy Wahrnehmungstendenz, wenn die aktuelle Wirklichkeit in Analogie zu vor- und unterbewussten Primärerfahrungen und den damit zusammenhängenden Stimmungswerten erlebt wird. Diese Wahrnehmungstendenz ist Gegenstand der Tiefenpsychologie. 

[1]Die ästhetische und die gestische Wahrnehmungstendenz ist noch ohne höhere Gedächtnisleistung vorstellbar, da sie im wesentlichen physiologisch bestimmt ist.

[2]Unter "Kommentierung" lassen sich alle möglichen elterlichen Handlungsweisen darstellen: schmusen, spielen, füttern, versorgen, aber auch prügeln, vernachlässigen, vergessen, usw. Das Überleben des Kindes hängt maßgeblich von dieser Kommentierung ab, die dann im nächsten Schritt selbst wieder Gegenstand von "gelernten Handlungsstrategien" des Kindes werden, um sich im elterlichen Milieu zu behaupten.

[3]Diese Kontext-Bindung von Erfahrungen lässt sich auch auf "natürliche" Kontexte übertragen. Diese haben gegenüber der "sozio-parentalen Kommentierung" den Vorteil nur auf O und nicht zusätzlich auf O'' (und dem dazugehörenden O''' in der Rezeption) zu basieren. Da man als Kleinkind auf die Eltern auf Gedeih und Verderb angewiesen ist, ist der Kontext der sozio-parentalen Kommentierung in der Regel stärker als der natürliche Kontext. Lernen wird durch die sozio-parentale-Kommentierung primär geprägt, was z.B. in dem Begriff der "Sozialisation" deutlich wird.

[4]als 'Erfahrungsmatrix', in dem alle möglichen situativen Elemente zusammenhängen und nicht voneinander zu differenzieren sind. Die Differenzierung wird erst durch qualifizierende Wiederholung möglich und führt damit zur Herausbildung der 'cut-out'.


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