tiefensymbolische Darstellungstendenz
 

Roland Wagner, Stetten,

Ohne Titel, März 1980,

Wachsfarbe, DIN A1

 

 

Wir erleben das Bild als etwas, das uns innerlich bewegt, das uns "anspricht", das uns vielleicht beunruhigt, aber auch zutiefst erfreuen kann. Diesen Zeichenaspekt mit Worten zu beschreiben ist schwierig, da er eine ganz direkte Form der emotionalen Verbindung zum Ausdruck bringt, die sich in der Regel kaum erklären lässt. Das Bild zieht uns in seinen Bann, „fasziniert" und „begeistert" uns. Es kann so stark sein, dass es uns „nicht mehr loslässt".

Diesen Aspekt bezeichne ich als den tiefensymbolischen Zeichenaspekt. Primär ist dieser Zeichenaspekt noch "ungegenständlich", d.h. an kein Motiv gebunden.

    Der naheliegenden Erscheinungsform des tiefensymbolischen Zeichenaspektes, nämlich vom Motiv her bestimmt zu sein, wird hier vorerst nicht nachgegangen. Es handelt sich hierbei bereits um eine Darstellungsweise, dadurch nämlich, dass erst der ikonische Zeichenaspekt realisiert sein muss, der dann zusammen mit dem tiefensymbolischen Zeichenaspekt als tiefensymbolische Rezeptionsweise auftritt. Vom Gesichtspunkt der Zeichenaspekte her ist all das, was uns in der Regel tiefensymbolisch anmutet meist eher dem ikonischen Zeichenaspekt zuzurechnen.

Er vermittelt sich materiell insbesondere durch den Ausdruckswert der Farbe, und hierbei auch besonders in den psychologischen Farbwirkungen, durch bestimmte bildnerische Variable, wie Größe, Dimension, Dichte, intensive (Farb-)Kontraste (Kontraste dann, wenn sie durch ihre Dramatik, ihre Suggestivkraft in Erscheinung treten. Eben anders als beim ästh. ZA.), aber auch durch Duktus und absolute Größe. Dazu wird der tiefensymbolische Zeichenaspekt in seiner Wirkung häufig durch ikonische Merkmale unterstützt.

Die tiefensymbolische Darstellungstendenz wird darin sichtbar, wie das Bild den Betrachter in dessen Rezeptionstendenz "rührt" und "ergreift". Man spürt eine unbestimmte Verwandtschaft mit dem Autor des Bildes, will durch den Besitz oder die Beschäftigung Anteil haben an dessen Sicht der Wirklichkeit, oder verwendet das Bild als Affirmation für die eigenen unbestimmten (aber um so bestimmenderen) Weltsichten.

Vielleicht ist diese Ebene mit die entscheidende, weshalb wir uns länger oder intensiver mit dem Bild überhaupt auseinandersetzen, es möglicherweise besitzen wollen.

 

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